Linkes Bild: FFH-Schutzgebiet, rechtes Bild: geplanter Flutpolder
Quellen: Bayernatlas und https://www.wwa-in.bayern.de
Am 28.07.2023 trafen sich Bürgermeister Rainer Stingl, die Vorstandschaft der Interessengemeinschaft gegen den Flutpolder Großmehring, Bauernobmann Lorenz Rusch und die stellvertretende Generalsekretärin der CSU, Tanja Schorer-Dremel, mit Vertretern des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucher sowie des Wasserwirtschaftsamts Ingolstadt zu einem Informationsaustausch im geplanten Poldergebiet.
Es war ein unaufgeregter, sachlicher Austausch, der am Vormittag des 28.07. in den Großmehringer Donauauen stattfand. Eingangs wiederholte der Referatsleiter für Hochwasser am StMUV, Christian Leeb – früher leitete er das Wasserwirtschaftsamt Ingolstadt –, die Theorie der Polderkette. Nach aktuellem Dafürhalten sei die geplante Polderkette entlang der Donau das wirksamste Mittel, Anrainer vor Extremhochwassersituationen zu schützen. Im Raumordnungsverfahren habe man den Standort Großmehring als dafür geeignet gesehen.
Anschließend stellte Rüdiger Woog, 1. Vorstand der IG, die Bedenken, nicht gegen das Poldergesamtkonzept, sondern gegen diesen besonderen Flutpolder dar. Dabei erwähnte er, dass zum ersten das gesamte Gebiet mit Ausnahme der Kiesweiher strengstens geschütztes FFH-schutzgebiet sei (siehe Darstellungen oben), dass zum zweiten es zu befürchten sei, dass eine Entflutung über die Paar nicht funktionieren werde und zum dritten, dass seitens des Flughafens Manchings und des ehemaligen Eriag-Geländes Gewässerverseuchungen vorliegen, die bei einer Flutung des Polders katastrophale Folgen mit sich brächten. Des Weiteren halte er es für unethisch, wenn in der politischen Diskussion die Lebensqualität vieler Menschen flussabwärts mit derer einer deutlich geringeren Anzahl flussaufwärts aufgerechnet werde. Dies sah auch der gebürtige Neustädter, Stefan Neudert, am STMUV zuständig für das WWA Ingolstadt, so.
Die Polder-Diskussion ist nicht neu und wurde auch an jenem ruhigen, dem Austausch dienenden Morgen nicht auf einen gemeinsamen Nenner gebracht. Sehr bedachte und objektive Impulse und Fragen warf auch immer wieder Frau Schorer-Dremel auf. Besonders spannend war für alle Anwesenden die Frage, wann der Polder, so er denn überhaupt gebaut werde, geöffnet werde, ein gleichzeitiges Extremhochwasser von Donau und Paar, das die IG für sehr wahrscheinlich, das WWA jedoch für sehr unwahrscheinlich hält, vorausgesetzt. Niemand könne diese Situation voraussehen, aber in diesem Szenario würde der Polder vermutlich nicht eingesetzt werden.
Sehr abstrakt wurde die Diskussion bei den Definitionen eines Extremhochwasserereignisses (HQ).
Als sich vor zwei Jahren die IG zusammenfand, war planerischerseits zur Rechtfertigung des Bauwerks die Rede von einem HQ100, also ein Extremhochwasser, das statistisch einmal in 100 Jahren vorkommen könnte. Ein Jahr später sprach man von HQ200, vergangenen Freitag kamen sogar HQ500 und HQ1000 auf den nicht vorhandenen Tisch. Man investiere also in ein Bauwerk mit einer Lebensdauer von circa 60 bis 70 Jahren, das zwar bei einem Extremhochwasser, nicht aber bei einem „Extremextremhochwasser“ eingesetzt werde, kritisierten die Vertreter Großmehrings. Zumindest für sie war an diesem Punkt endgültig die Sinnfreiheit des Großmehringer Flutpolders gegeben.
Beruhigende Informationen gab es jedoch für die Landwirte und Grundstücksbesitzer innerhalb und außerhalb (!) des geplanten Flutpoldergebiets: sie sind nicht verpflichtet, den Istzustand ihrer Grundstücke nachzuweisen. Im Falle jeglicher Schäden, die beim Bau, bei der Flutung oder bei der Entleerung des Polders im Innen- wie im Außerbereich entstünden, wurden ihnen entsprechende Entschädigungen zugesichert. Am Ende des ruhigen, sachlichen Austausches sicherten das WWA und das StMUV nochmals der Gemeinde und der IG zu, sie über neue Ergebnisse und Erkenntnisse auf dem Laufenden zu halten.